Wenn die Angst plötzlich und unerwartet kommt: NEED 8?

26.01.2025

In letzter Zeit nehme ich verstärkt wahr, dass immer mehr Menschen in meinem direkten und weiteren Umfeld von mehr oder weniger intensiven Angstzuständen oder gar Panikattacken heimgesucht werden. Viele hatten bisher noch nie damit zu tun und diese Erfahrung ist absolutes Neuland für sie.

Es ist, als ob die Emotionen ein Eigenleben annehmen und man jegliche Kontrolle über sein Sein - und besonders den Kopf - verliert.

Ich möchte hier das verstärkte Auftreten dieser Angstreaktionen etwas genauer beleuchten und für ein tieferes Verständnis werben, wie und warum diese inneren Zustände entstehen und was wir tun können, um uns selbst inmitten dieser Turbulenzen zu stabilisieren.

Was passiert da mit uns? Warum ist es jetzt, in dieser Zeit, so stark? Und vor allem, was können wir tun?

Lass uns also gemeinsam einen Blick durch die liebevolle Trauma-informierte Brille werfen, doch zuvor möchte ich meine eigene Erfahrung mit der Angst teilen, da sie eine signifikante Rolle in meiner Sichtweise auf die Dinge und besonders im Lösungsansatz spielt.
Es wird also zuerst etwas persönlich …

Als die Angst aus dem Nichts kam

Bis vor einem Jahr wusste ich nullkomma nichts von dem unfassbar tiefen Abgrund in den man stürzen kann, wenn man Bekanntschaft mit Angstzuständen oder Panikattacken macht. Doch das änderte sich in der Zeit nach dem Zusammenbruch, der auf 6 Monate Arbeit mit einem verdeckten Narzissten als Projektleiter folgte. Die ersten Begegnungen mit der Angst brachte ich allerdings gar nicht damit in Verbindung. Doch dank der guten Ausbildung, die ich mit Caroline Strawson genieße, weiß ich heute, dass das Erleben von narzisstischem Missbrauch neben anderen post-traumatischen Symptomen eben auch Angst- und Panikzustände hervorrufen kann. In einem meiner ersten Blogposts habe ich dies etwas ausführlicher erläutert. 

Für den heutigen Beitrag sind diese Details nicht relevant - andere dafür umso mehr …

Die Attacken kamen in der Nacht und ich konnte sehr gut den Ablauf wahrnehmen. Ich wachte urplötzlich wie auf einen Schlag auf - meist zwischen 2 und 3 Uhr. In der ersten Sekunde hatte ich keine Ahnung, was mich aufgeweckt hatte, doch schon im nächsten Moment überfiel mich die Hitze. Einen Wimpernschlag später war ich klatschnass am ganzen Körper und fühlte mich, als läge ich in einer Badewanne. Ich spürte einen unglaublichen Druck im Solarplexus. Manchmal setzte auch ein leichtes Zittern ein. Und dann …

… kam der Kopf ins Spiel. Ich beobachtete es ganz genau, und es gab keinen Zweifel: zuerst reagierte der Körper, dann folgte der Geist. Der Kopf suchte einen Moment lang, bis er etwas passendes fand, und sprang dann volle Kraft auf das Thema … boah, es fühlte sich so an, als wäre mein Gedankengut ein Bunsenbrenner, den jemand stetig höher drehte. Die Szenarios, die sich mein Geist ausmalte waren an Horror und Gräuel kaum zu überbieten, doch in jenem Moment erschienen sie total logisch. Ich glaubte erst einmal alles, was meine Birne sich da zurecht spann.

Ja, ich kannte Ängste, doch diesen Zustand, in dem ich mich meinem eigenen Geist komplett ausgeliefert fühlte - den kannte ich nicht. Was mich später, als ich wieder klar denken konnte, wirklich beeindruckte, war die Tatsache, dass ich so klar und deutlich erlebte, dass die körperliche Erfahrung zuerst kam und die krassen Gedanken DANACH. Das stand allem entgegen, was ich bisher geglaubt hatte.

War es nicht so, dass Ängste sich als Ergebnis von aus der Spur geratenem Gedankengut einstellen? Mehr als zehn Jahre lang hatte mir mein spirituelles Umfeld suggeriert, dass Angst im Kopf stattfindet. Mindset ist alles, nicht wahr?

Acht Jahre Dispenza hatten mich geprägt! "Der Geist beherrscht die Materie" lehrt er, und ich war schließlich bekannt dafür, mental sehr stark zu sein. Zwar hatte ich seit dem Burnout zwischen 2010 und 2014 krasse Probleme mit Konzentration und Fokus bei der Arbeit, doch das hatte doch damit nichts zu tun, oder …?

Tatsache war, ich konnte in diesen Situationen kaum meine Gedanken kontrollieren. Ich konnte diese Zustände weder regulieren noch beeinflussen, und verhindern konnte ich sie auch nicht. Sie kamen vollkommen ohne Vorwarnung ein oder zweimal pro Woche für einen Zeitraum von vier bis fünf Monaten. Und sie fühlten sich jedesmal an wie ein Angriff auf mein Leben.

Abends ins Bett zu gehen und nicht zu wissen, ob mich wieder ein "Angriff" treffen würde in der Nacht war schrecklich. Ich stand dauerhaft unter Spannung, was meinen Alltag enorm erschwerte. Ich hatte schon genügend zu tun mit all den anderen Symptomen, die sich als post-Trauma herausstellten; jetzt kam noch die Angst vor der Angst hinzu, die nun wie ein Damoklesschwert über mir schwebte wenn sich die Nacht näherte.

Und schaute tatsächlich wieder eine Panikattacke vorbei, funktionierte ich am nächsten Tag nur bedingt. Das Gefühl der Schwäche im Körper nach einer Panikttacke ist gruselig. Ich fühlte mich wie eine Gummipuppe, vollkommen kraft- und energielos.

Um die logische Frage aller NEM-Vertrauten gleich an dieser Stelle zu beantworten: Nein, Schlaftabletten oder Melatoninspray halfen nicht. Was mir etwas Erleichterung brachte war CBD-Öl. Es nahm der Angst die Spitze und die Heftigkeit, mit der die Panikattacken auftraten, verringerte sich etwas dadurch. Ich war dankbar dafür.

Als ich begann, mich mit Trauma durch narzisstischen Missbrauch zu beschäftigen fand ich nicht nur Bestätigung für meine Wahrnehmungen, sondern auch Lösungsansätze. Aber erst einmal war das Verständnis für mich wichtig, was eigentlich mit mir geschehen war. Was in aller Welt passiert eigentlich mit dem Mensch, wenn er eine solche Höllenfahrt erlebt?

Angst geschieht auf der Ebene des Nervensystems

Angst hat biologische Wurzeln und ist in den Evolutionen des Menschen als Überlebens-mechanismus verankert. Wie schon oft in diesem Blog beschrieben setzt eine Dysregulation in uns die HPA-Achse in Kraft (Hypothalamus-Pineal-Amygdala). "Etwas" in uns nimmt eine Bedrohung wahr, aktiviert die Amygdala, die als das Angstzentrum im Gehirn gilt. Diese setzt das limbische System in Gang und triggert eine physiologische Reaktion im Körper, der die Stresshormone Epinephrine und Cortisol ausschüttet.

Diese Hormone bereiten den Körper in einer Situation von Gefahr auf Kampf oder Flucht vor. Sofort wird eine automatische körperliche Reaktion ausgelöst: Erhöhte Herzfrequenz, schnellere Atmung, Verspannung der Muskeln und eine Vielzahl anderer körperlicher Symptome, wie z.B. die Erhöhung der Körpertemperatur.

Das zuvor erwähnte "etwas" das eine Bedrohung oder Gefahr wahrnimmt ist der Sympathikus - unser sympathisches Nervensystem. Auf dieser biologischen Ebene ist Angst also eher ein Instinkt, der sinnvoll ist und uns vor Gefahren schützt (und uns möglicherweise am Leben erhält, wenn es eng wird), doch dies geschieht alles jenseits des bewussten Denkens. Diese Reaktionen sind so tief in unserem System verankert, dass sie nicht nur durch den Verstand beeinflusst werden können.

Das Nervensystem schaltet in die Alarmbereitschaft, ohne, dass wir das bewusst steuern. Ein einfaches Geräusch, eine Bewegung, ein Schreckmoment … es braucht je nach Mensch und Zustand manchmal gar nicht viel, und geschieht in unterschiedlichen Ausprägungen.

Aber … beruhige dich doch!

Da Angst eine physiologische Reaktion des sympathischen Nervensystems auf einen Trigger ist, wird es schwierig diese Ebene mit reiner Gedankenkraft anzusteuern. Hattest du schon mal komische Zuckungen um die Augen, oder ein Zittern irgendwo in deinem Körper? Und konntest du es unterbinden, indem du dir gesagt hast, dass es nichts schlimmes ist und deine Aufmerksamkeit darauf gerichtet hast, dass es aufhören soll?

Eben. Es ist enorm schwierig, mit der mentalen Ebene die Reaktionen des Nervensystems zu steuern - es heisst "autonomes Nervensystem" aus gutem Grund. Es heißt so, weil es die essenziellen Funktionen unseres Körpers weitgehend selbstständig steuert, ohne unser bewusstes Eingreifen. Es ermöglicht uns, auf äußere und innere Reize zu reagieren und das innere Gleichgewicht (Homöostase) aufrechtzuerhalten – eine faszinierende, lebenswichtige Eigenschaft unseres Körpers!

Zwar ist es erwiesen, dass wir mit Gedankenkraft, bzw. Bewusstsein einige Körperfunktionen beeinflussen können, wie z.B. Herzschlag, doch dazu müssen wir in einem innerlich ausgeglichenen Zustand sein (ventral vagal) - in einem Zustand von hochgradiger Aktivierung ist das eher schwer.

Jeder, der schon einmal in einem Angstzustand war oder eine Panikattacke hatte wird bestätigen können, dass es vollkommen sinnfrei ist, wenn dir in diesem Zustand jemand sagt, "Beruhige dich doch". Oder noch schlimmer, "Lass doch die Angst einfach los".

Solche gut gemeinten Ratschläge greifen hier nicht, davon abgesehen kann man tiefsitzende Emotionen nicht einfach loslassen - sie müssen verstoffwechselt oder transformiert werden. Dazu kommt noch, dass wir in diesem Zustand im limbischen Gehirn hängen, dort wo die Emotionen sitzen, und die prefrontale Cortex, wo wir rational und logisch Denken, quasi abgeschaltet ist.


Angst ist ein gesellschaftliches TabuThema

Was wissen wir eigentlich von der Angst? Nicht viel. Mal ehrlich, wer von uns hat als Kind oder auch später gelernt mit Angst umzugehen? Ich kenne niemanden. Im Gegenteil, wir leben in einer Gesellschaft, in der Angst zu haben als Schwäche angesehen wird und sich schon Kinder, wenn sie Angst zeigen, alle möglichen Bewertungen und blödsinnige Bezeichnungen anhören müssen. Dass Angst menschlich ist, ist nicht wirklich ein Konzept für ein Volk, das für seine Disziplin, Ordnung und strikte Arbeitskultur bekannt ist.

Ich glaube wirklich, dass wir als Kollektiv ein sehr begrenztes Wissen über die Angst haben und darüber, wie sie sich vielleicht schon in subtilen Ausdrucksformen in uns zeigt. So übersehen wir sie leicht und unterdrücken, oft auch unbewusst, was vielleicht gesehen oder angeschaut werden möchte.

Wenn ich bedenke, wie sich meine eigene Sicht auf dieses Thema aufgrund meiner persönlichen Erfahrung und meiner Ausbildung verändert hat, dann würde ich am liebsten auf den nächsten Kirchturm steigen und von dort ins Dorf schreien:

Wir müssen aufhören, Angst zu verdammen! Die ganze Welt braucht Trauma-informiertes Wissen!

Mein Blick auf das Verhalten der Menschen hat sich total verändert und ich nehme Dinge wahr, die ich früher nur instinktiv und unklar deuten konnte. Sehe ich ein schreiendes Kleinkind mit seiner Mutter im Supermarkt, erkenne ich anhand der Körperhaltung und Gesichtsausdruck in welchem Zustand es sich befindet und kann erahnen, was es gerade innerlich durchmacht - manchmal sogar, was diesen Zustand getriggert hat. Wie hilfreich wäre es, wenn Eltern und Kindergärtner:innen dies auch könnten? Sie würden Kinder ganz anderes wahrnehmen und entsprechend anders mit ihnen umgehen.

Wo in unserer Gesellschaft lernen wir diese Dinge, die eigentlich zu den Grundlagen des menschlichen Lebens gehören sollten? In der Schule sicherlich nicht. 

Das menschliche Nervensystem ist die Basis unseres Mensch-seins in unserem Leben auf der Erde und wir wissen so wenig darüber. Wie verrückt ist das?

Eine Gesellschaft, die versteht, welche Rolle ein reguliertes Nervensystem jedes einzelnen Menschen im Gefüge des gesellschaftlichen Miteinanders und kollektiven Erfolgs spielt, muss unweigerlich Wege in den Frieden gehen und diesen mit allen Mitteln beschützen.

Die Auswirkungen von kollektivem Trauma machen sich in den kommenden Generationen bemerkbar und haben fatale Folgen für die Gesundheit, Wirtschaft und Produktivität eines Landes. GenerationenTrauma hinterlässt tiefe Narben in einer Gesellschaft und kann sich degenerierend auf den GenPool auswirken.

Die Hinwendung an unsere eigenen Trauma, also das Heilen der eigenen Angstzustände und Panikmomente, hilft nicht nur uns und unserem jetzigen Leben, sondern auch den Generationen, die nach uns kommen und stärkt den GenPool, dem wir angehören. Nicht nur Deutschland und das deutsche Volk, sondern die ganze Welt kann dies gut gebrauchen.

Angst als kollektive Problematik im Jahr 2025

Laut Forbes Health wurden im Jahr 2019 weltweit 301 Millionen Menschen mit Angststörungen diagnostiziert (1). In den USA litt in 2023 jede dritte Person unter Angstzuständen (2). In welche Richtung sich diese Zahl für die Weltbevölkerung seither entwickelt hat, können wir sicherlich alle vermuten.

Wer mir folgt, besonders in meinem TelegramKanal, weiß, dass ich oft davon spreche, dass die Zeit seit 2020 für niemanden ein Spaziergang war. Vollkommen egal, wo man steht oder wie man sich in diesem Zirkus, in dem wir leben, positioniert hat, es war nicht leicht … und die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen.

Lockdowns, Angst vor Krankheit, Existenzangst, Angst vor Kontrollemechanismen, Gruppenzwang, Isoliertheit, Einsamkeit, Verluste … pack noch einen Krieg obendrauf und die Tatsache, dass es keinen Tag gibt, an dem man sich nicht gefühlt von morgens bis abends über etwas aufregen könnte, und wir haben die Dynamik einer kollektiven Traumatisierung auf dem Tisch. In dreißig Jahren werden unsere Kinder vermutlich im Geschichtsunterricht vom historischem Trauma der 2020er Jahre erfahren, wobei wir momentan das Ausmaß der Auswirkungen gar nicht erfassen können.  

Als wäre das nicht genug, sind unser aller Nervensysteme täglich einer Flut von Eindrücken ausgesetzt. Das beginnt mit dem Handy gleich nach dem Aufstehen, den Nachrichten im Radio auf dem Weg zur Arbeit und endet mit dem Fernseher kurz vorm Zubettgehen. Was vor 20 Jahren noch normal war und relativ wenig Negatives erzeugt hat, hat heute aufgrund der Konzentration aller Einflüsse eine hochgradig toxische Wirkung auf uns. Der Einfluss von Bildschirmstrahlung, Handy-Frequenzen und WLAN auf das menschliche Gehirn und Nervensystem sind schon seit Jahren bewiesen, auch wenn sie im Mainstream noch immer gerne als Verschwörungstheorie abgetan werden.

An anderer Stelle habe ich bereits postuliert, dass wir uns als Kollektiv in einem Functional Freeze-Modus befinden. Hier soll es genügen, dass wir uns vor Augen halten, dass jeder einzelne von uns als Mitglied einer tief verbundenen Gemeinschaft bereits alle Weichen gestellt hat für eine Angststörung.

Und wenn wir schon von Gemeinschaft sprechen, dann sollte nicht unerwähnt bleiben, dass wir alle Nachkommen von Menschen sind, die zwei Weltkriege erlebt haben.

Die Macht von GenerationenTrauma

Wir schreiben das Jahr 2025. Vor nur 100 Jahren waren unsere Vorfahren kleine Kinder und wuchsen inmitten einer Hyperinflation und dem Spannungsfeld der Weimarer Republik auf. Nicht mal zwei Jahrzehnte später nahm das nächste Drama seinen Lauf und ließ unsere Großeltern oder Eltern in den Trümmern des 2. Weltkrieges aufwachsen.
Wir tragen das Trauma der vom zwei Weltkriegen gebeutelten Generationen vor uns im Blut, und gehen gerade durch eine extrem schwierige Phase in der Menschheitsgeschichte. Wieviel von diesen gruseligen Erlebnissen und Schocks heute per GenerationenTrauma in uns aktiv schlummert wissen wir gar nicht, doch vier Jahre CoronaShow haben bestimmt nicht beim Heilungsprozess geholfen!

"Trauma, das wir geerbt haben, kann in Form von plötzlichen Angstzuständen oder anderen Symptomen an die Oberfläche kommen sobald wir ein bestimmtes Alter erreichen oder eine bestimmte Situation erleben … es ist, als würde in uns ein Generationen-Alarm aktiviert, der uns sagt, dass wir nicht länger die Vergangenheit ignorieren können". - Mark Wolynn

Zu Beginn seines Buches Dieser Schmerz ist nicht meiner erzählt Mark Wolynn die Geschichte eines jungen Mannes, der an unerklärlicher Angst vor dem Einschlafen litt. Die Angst war so stark, dass er sich oft selbst wach hielt, weil er befürchtete, im Schlaf zu sterben.

Im Verlauf der therapeutischen Arbeit stellte sich heraus, dass dieses Gefühl eng mit einem Trauma in seiner Familiengeschichte verknüpft war: Der Großvater des jungen Mannes war in einem Blizzard ums Leben gekommen. Er hatte während eines Schneesturms verzweifelt versucht, den Weg nach Hause zu finden, war aber eingeschlafen und erfroren.

Obwohl der junge Mann selbst dieses Ereignis nie erlebt hatte, trug er die unbewusste Erinnerung daran in sich, die über Generationen hinweg weitergegeben worden war. Dieses Beispiel illustriert eindrücklich, wie tief die Erlebnisse von Vorfahren in die Psyche nachfolgender Generationen eingebettet sein können und wie solche transgenerationalen Traumata in Form von unerklärlichen Ängsten oder Verhaltensmustern auftauchen können.

Kann es deutlicher sein? Wir können gar nicht wirklich wissen, wie viel dessen, was wir gerade individuell erleben das Ergebnis von mehreren Generationen Kriegstraumata ist, und ich führe dies nicht an, damit wir uns schlecht fühlen darüber oder gar in die Hoffnungslosigkeit sinken. 

Mein Ziel ist es, Verständnis dafür zu entwickeln, dass wir Deutsche allen Grund haben (oder hätten) der Angst als kollektives Thema etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken und - und das ist mir besonders wichtig - dass wir mit liebevollem Verständnis auf uns selbst und alle anderen blicken.

Wir sind das Produkt eines genetischen Stammes, der schon gaaanz viel mitgemacht hat. Das gilt es anzuerkennen und zu würdigen, denn Verständnis und Liebe sind die Grundpfeiler der Heilung. Schaffen wir es, das kollektive deutsche Trauma zu heilen, winkt uns eine großartige Belohnung, denn Mark Wolynn schreibt auch:

"Die Traumata, die wir erben oder selbst erleben, können nicht nur ein Vermächtnis des Leids schaffen, sondern auch ein Vermächtnis der Stärke und Resilienz, das über Generationen hinweg spürbar ist."

Angstzustände und Panikattacken sind keine Überraschung

Zugegebenermaßen habe ich den Hasen etwas durch den Bau gejagt bis hierher - von persönlichen Angstzuständen und Panikattacken bis zum GenerationenTrauma, das ist schon eine Reise. Und doch, es ist die Realität mit der wir es zu tun haben, und es scheint mir enorm wichtig, dass es einmal ausgesprochen wird.

Mir war es wichtig, aufzuzeigen, dass es kein Zufall ist, dass so viele im Moment mit Ängsten zu tun haben, denn zwischen meinem Erlebnis und der kollektiven Reaktion auf die letzten vier Jahre liegt gar nicht so viel. Wie ich darauf komme? Weil das System, in dem wir leben und die Maßnahmen denen wir alle ausgesetzt waren, dem Erleben von narzisstischem Missbrauch gleichen. Sich ausgeliefert und machtlos fühlen, keine Veränderung herbeiführen zu können, sich eingeschlossen, bzw. gefangen zu fühlen ... das Gefühl, stetig unter Spannung zu stehen, immer in Habacht-Stellung anderen oder Situationen gegenüber, die Angst, die unterschwellig immer mitschwingt - und nicht zuletzt die schlechten Nachrichten, die täglich aufs Kollektiv einprasseln. Und das dauerhaft über Jahre hinweg!

All das hat genügend Potential, um das menschliche Nervensystem in den Überlebensmodus zu versetzen, und dass wir dann irgendwann die Folgen in Form von post-traumatischen Symptomen erleben sollte uns nicht im Geringsten überraschen. Wichtig ist jetzt, wie wir damit umgehen - individuell und kollektiv.

Was können wir also tun?

Es wird eher schwer, dem Kollektiv eine Marschrichtung vorzugeben in dieser Sache, doch es bleibt zu hoffen, dass sich so langsam mal einige der TraumaExperten, die wir haben, zu Wort melden und etwas zur Gesamtlage der Nation sagen. Die Statistiken sprechen Bände, was auch Krankenkassen bereits auf den Plan gerufen hat. Selbst im Bereich von Unternehmen ist ein leichter Sinneswandel zu beobachten. Letztens sah ich doch tatsächlich eine Stellenanzeige eines renommierten Unternehmens in unserer Region, die nach einem GesundheitsExperten suchten, der neue Ansätze aufzeigt, um Krankenstand und das allgemeine Wohlbefinden der Belegschaft zu verbessern.

Auf der persönlichen Ebene sind die Werkzeuge, die uns zur Verfügung stehen recht vielfältig, obgleich ich vermute, dass sie für viele ziemlich neu klingen werden. Es ist wichtig, dass wir 

- in der Verbundenheit mit anderen bleiben, uns nicht weiter isolieren und der erlernten Einsamkeit hingeben;

- das eigene Nervensystem verstehen und seine Sprache erlernen;

- uns Kenntnisse und Werkzeuge aneignen, wie wir uns besser regulieren können; 

- uns öffnen für neues Wissen und auch eine neue Art des Seins

Mit Letzerem meine ich, dass wir vielleicht auch einmal unsere Werte in Frage stellen dürfen. Wo hat uns der Fokus auf den Materialismus und die "schaffe, schaffe Häusle baue" Mentalität hingebracht? Ist der ganze Hype um die Technik überhaupt gut für uns? Wer weiß schon, welche Auswirkungen das super schnelle Internetkabel, das nun unter ganz Deutschland liegt auf unser Nervensystem hat? Vielleicht wären wir mit 4G besser bedient als mit 5G, weil die Frequenzen, die unser Handy damit ausstrahlt weniger stressig sind für das Nervensystem?

Auf der Ebene des Nervensystems und des Körpers gibt es Möglichkeiten der Regulierung, wie z.B. durch somatische Übungen, VagusToning, EMDR, und einige andere, die sehr effektiv helfen, die post-Trauma-Symptome zu lindern.

Das allerwichtigste ist jedoch: eine gute Seele ins Vertrauen zu ziehen!

Ja, du hast richtig gelesen. Es ist absolut wichtig, einen Menschen des Vertrauens mit ins Boot zu holen, wenn man mit Angstzuständen und Panikattacken zu tun hat. Warum? Weil man sich selbst nicht mehr regulieren kann in diesem Zustand und im Idealfall jemanden hat, der einem hilft.

Als ich durch die akute Phase mit nächtlichen Panikattacken ging, hatte ich das große Glück, meine Freundin Jana in den USA zu haben. Die Zeitverschiebung von sieben Stunden war ein wahres Geschenk, weil sie fast immer erreichbar war, wenn es bei mir nachts knallte. Am Anfang wussten weder sie noch ich, was mir helfen würde, doch sie tat instinktiv das richtige und sprach einfach mit mir. Mehr als einmal war sie mehrere Stunden mit mir am Telefon und ich schlief irgendwann zum Klang ihrer Stimme wieder ein.

Nachdem ich meine Ausbildung begann, konnte ich sie gezielt instruieren, was sie tun musste, um mich vom limbischen Gehirn in den präfrontalen Cortex zu bringen, denn darum geht es bei der Ersten Hilfe erst einmal. Ich hatte ihr eine Liste gemacht mit Dingen, zu denen sie mich animierte, und mit der Zeit wurde es wesentlich besser.

Die Kraft und Menschlichkeit von "NEED 8"

Seit dieser Erfahrung haben Jana und ich einen Kodex, der da heißt: NEED 8 (brauchst du 8?) Inspiriert wurde dieser von Simon Sinek, der in einem Interview vor anderthalb Jahren darauf hinwies, dass es laut Forschung nur acht Minuten braucht, einen Menschen mit einem gezielten Gespräch aus dem limbischen ins präfrontale GehirnAreal zu holen -- also aus der Angst zurück ins klare Denken. In der TraumaArbeit nennen wir das "offline" und "online" zu sein. 

Wenn zwei Menschen - oder eine kleine Gruppe - untereinander den "NEED 8" Kodex vereinbaren, dann ist damit verbunden, dass jeder für den anderen wann auch immer möglich für 8 Minuten erreichbar ist, wenn dieser Unterstützung braucht. Sagt oder schreibt eine:r "I Need 8" bedeutet das, bei mir ist Alarmstufe rot und ich brauche Hilfe

Die Hilfe besteht darin, mit demjenigen zu sprechen, sodass er den rationalen Teil des Gehirns aktivieren muss, also logische Dinge abfragen, wie "sag mir nochmal, was hast Du heute morgen gegessen? Was ist 91 plus 113? Weißt Du noch, wie der Moderator der Hitparade damals hieß?" So oder so ähnlich ...

Es gibt noch weitere Erste Hilfe-Maßnahmen, wie z.B. einen kalten Waschlappen in den Nacken und auf die Stirn legen, ein Glas eiskaltes Wasser langsam austrinken, bestimmte VagusToning Übungen, oder dem anderen zu sagen, "stell dich mit dem Rücken in eine Ecke und umarme dich selbst. Nun stell dir vor, ich stehe hinter dir und halte dich. Ich hab dich ... Du bist sicher. Dir kann nichts passieren. Alles ist gut". 

NEED 8 ist eine Maßnahme von Menschlichkeit, die Leben retten kann.

Und das ist ganz sicher etwas, was diese Welt gebrauchen kann ...

Wenn du bis hierher gelesen hast und Interesse an weiterem Wissen zu Trauma und der Regulierung des Nervensystems hast, lade ich dich in meinen TelegramKanal ein, wo es (fast) täglich Beiträge zu diesen Themen gibt. Ich poste gezielt Informationen zu meiner Arbeit und betreibe kein Entertainment dort. Du musst also nicht befürchten, dass du dort überladen wirst.

Wenn du dein eigenes Erleben oder Geschehnisse besprechen möchtest, Input und Unterstützung wünschst, oder einfach Klarheit brauchst zu deiner Situation, dann wäre vielleicht ein ImpulsCoaching für dich das richtige? Der nachfolgende Link führt dich zu mehr Info dazu!